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Paddeln gegen Plastik: Unterwegs auf dem Landwehrkanal

Barbie-Schuhe, Beutel voller Windeln, Schreibmaschinen, Kinderrutschen – alles, was man sich vorstellen und nicht vorstellen kann, hat Franziska Braunschädel mit dem Clean River Project schon aus dem Fluss gezogen. Ihr persönliches Lieblingsstück: Eine alte Prilflasche aus den sechziger Jahren. „Der Werbeslogan lautete damals ‚Pril entspannt das Wasser‘. Zynisch, dass diese Plastikflasche im Fluss entsorgt wurde“, sagt Franziska. Mit ihrem Team und vielen Freiwilligen ist die engagierte Umweltschützerin auf Berlins Gewässern unterwegs, um sie immer wieder von Abfall zu befreien. Ihr Antrieb: „Wir müssen die Menschen darauf aufmerksam machen, wie verschmutzt unsere Flüsse sind und in der Zivilgesellschaft und im öffentlichen Raum ein Bewusstsein dafür schaffen.“

„Für das Wasser auf dem Wasser“ – das ist die Idee hinter dem Clean River Project. Denn bei regelmäßigen CleanUps (Müllsammelaktionen) lädt der Verein dazu ein, vom Kajak aus auf Müllsammeltouren zu gehen. „Oft sind wir auf dem Landwehrkanal unterwegs, ausgestattet mit Handschuhen, Zangen und Keschern, und befreien die Uferbereiche von Abfällen, die sich dort ständig neu ansammeln.“ Das erzeugt Aufmerksamkeit, viel Zuspruch und Dankbarkeit. Dass so viele Menschen in ihrer Freizeit mitmachen wollen, zeigt, wie die Erkenntnis über die Verschmutzung der Gewässer immer größer wird. „Die Menschen merken, dass man selbst etwas verändern kann.“ Und Engagement verbindet! Mit nachhaltigen Events erreicht das Clean River Project vielerorts Leute und ist auch am Standort Winningen an der Mosel vertreten. „Wir gehen dahin, wohin wir gerufen werden“, erklärt Franziska, die zweite Vorsitzende des eingetragenen Vereins.

Angefangen hat alles mit Stephan Horch, dem es eine Herzensangelegenheit ist, Gewässer besser zu schützen. Der meerverbundene erste Vorsitzende des Clean River Projects hat mit starken Aktionen auf das Thema Gewässerverschmutzung hingewiesen und dabei hunderte Kilometer mit dem Kajak zurückgelegt. Unterwegs sammelte er Müll und setzte seine Fundstücke fotografisch neu in Szene – Müll ästhetisch darzustellen, war der Startpunkt für das Projekt. Daraus erwachsen ist eine Bewegung, die über die Aktionen auf dem Wasser und Recycling-Kunst, Online- und reale Ausstellungen sowie Workshops bis in Schul- und Jugendprojekte hineinschwappt. „Über diese verschiedenen Wege wollen wir niedrigschwellig und interaktiv auf die Thematik aufmerksam machen – das kann witzig sein und darf Spaß machen.“

Im Alltag fehlt oft der Bezug zum Lebensraum Fluss. Vom Kajak aus betrachtet entdeckt man jedoch einen wunderbaren Lebensraum. „Man kann dabei in der Natur sein, sich bewegen, etwas Gutes tun und auf einfache Art positiv Einfluss nehmen“, betont Franziska. Auch als Teambuilding-Maßnahme bietet es sich an, bei einer Aktion dabei zu sein. Das Paddeln zu zweit oder alleine hat außerdem etwas Meditatives und bietet Anlass, mit Freund*innen oder der Familie gemeinsam etwas Schönes zu erleben. „Alles, was man selbst erlebt, bleibt viel mehr im Kopf, und man schützt, was man kennt“, meint Franziska.

Was aber tun, wenn der gefundene Unrat zu groß für ein Kajak ist? „Zu solchen Funden tauschen wir uns mit der Initiative Spreepublik aus, die bei ihren Aktionen auch immer wieder große Gegenstände aus der Spree fischt“, berichtet Franziska. Auch ein Müllschiff der BSR, das Wasserstraßenschifffahrtsamt und das Grünflächenamt sind im Kampf gegen die Vermüllung unterwegs und beräumen Dinge, die die Fahrrinne blockieren. „Wir holen die Sachen raus, die direkt vom Wasser aus erreichbar sind und sammeln die Dinge ein, die sich am Rand verfangen haben. Wenn wir das nicht machen, macht es keiner.“

Gefundener Müll wird am Ende einer mehrstündigen Sammelaktion auf einen Berg geschüttet und alle staunen, wie viel dabei zusammenkommt. „Es ist immer viel mehr, als man denkt“, sagt Franziska. Die Bequemlichkeit der Gesellschaft in Bezug auf Plastik sei riesig – „davon müssen wir weg.“ Eine Verringerung von Konsum und Statussymbolen und das Handeln nach dem Credo „reduce-reuse-recycle“ könnte etwas ändern. „Menschen haben oft Angst vor Veränderung, aber gerade zu Plastik gibt es viele Alternativen.“

Autorin: Christina Koormann