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Ein Fest für die Sinne

Der Naturgarten von Susanna Komischke

Eine wahre Königin der Artenvielfalt ist Susanna Komischke. Mit Freude, Neugier und Achtsamkeit im Umgang mit der Natur gestaltet sie seit vielen Jahren ihren Garten in Berlin Spandau. Ihr Wissen teilt sie gern – auch seit 2008 zum Langen Tag der StadtNatur. Auf einer Rundtour durch ihr Paradies für Pflanzen, Tiere und Mensch gibt sie viele Anregungen, wie ein schöner Naturgarten gelingen kann.

 

Ein fröhlicher Igel am Tor weist den Weg: Hier in dieser Spandauer Eigenheimsiedlung befindet sich einer der ersten zertifizierten Naturgärten Berlins. Tiere wissen das natürlich längst. Die Sonne scheint und zahlreiche Bienen umschwirren die Frühlingsblüher im Garten von Susanna Komischke. „Wir haben aus den Verbundsteinen der Garagenzufahrt eine Nistwand gebaut - die Gehörnten Mauerbienen lieben es,“ freut sie sich. Damit die Insekten genügend Baumaterial haben, gibt es seit neuestem ein immer feuchtes Becken mit Lehm. „Den Lehm holen sich auch die Elstern und kleckern dabei ganz schön rum“, lacht Susanna Komischke. Schon sind wir mittendrin in einer schwungvollen Gartenführung!

Mit viel Freude am Ausprobieren, durch feines Beobachten und mit der Freude an täglicher Gartenarbeit verwandelt Susanna Komischke ihren 750 m² großen Garten seit knapp 40 Jahren in ein Paradies der Artenvielfalt. Seit 2008 öffnet ihn die gelernte Erzieherin auch am Langen Tag der StadtNatur. In den letzten Jahren liegt dabei der Schwerpunkt eher auf den Gaumengenüssen, die ihr „Seelenort“ für den Menschen bereithält.

 

„Ich habe das Gärtnern im Blut, ich könnte eher auf ein Haus verzichten, als auf einen Garten,“ fasst Susanna Komischke ihre Leidenschaft zusammen. Und das Schöne sei: „Es gibt immer wieder Überraschungen, der Garten ist nie fertig.“ Das liegt wohl auch daran, wie sie ihre Kräuter, Stauden und Gehölze auswählt: „Ich bin da sehr undogmatisch. Wenn etwas hier wachsen möchte, dann darf es hier wachsen. Es sind viele einheimische Pflanzen dabei und es sind Wildkräuter direkt aus der Umgebung dabei, wo ich mir aus den Wiesen Samen geholt habe [natürlich nicht aus Schutzgebieten]. Es sind auch Pflanzen dabei, die gekauft sind, auch etwas exotischere“. Die heimischen Arten werden einfach als Samen ausgestreut – dann heißt es warten, was passiert. Die exotischeren, wie zum Beispiel die Urlaubserinnerung aus Madeira, eine am Straßenrand aufgehobene Maracuja, dürfen in der Orangerie heranwachsen und überwintern. Weil eine Garage im Haushalt Komischke nie gebraucht wurde, war Platz für den „Luxus“ einer Orangerie. Und weil keine Kinderschaukel mehr im Vorgarten auf Rasen stehen müssen, war Platz für ein „Überraschungsbeet“. In dem stecken – wie auch im ganzen Garten - zahlreiche Artenschilder mit deutschem und wissenschaftlichem Namen. „Ich habe im Garten über 600 verschiedene Pflanzenarten - 95 Prozent kenne ich.“

Susanna Komischkes beeindruckende Artenkenntnis beschränkt sich auch nicht nur auf Pflanzen. Neugierig darauf geworden, welche Insekten bei ihr herumschwirren, hat sie 2019 die Abschlussarbeit ihres Neffen zum Anlass genommen, um mal genauer hinzuschauen. „Wir wollten herausfinden, welche Blütenpflanzen besonders beliebt bei Wildbienen sind und welche Arten hier überhaupt vorkommen.“ Auf mehr als 10.000 geschossenen Fotos fanden sie über 90 Bienenarten (inklusive der Honigbiene) an 245 Blütenpflanzenarten, vorwiegend im Juni und August. Als praktisches Ergebnis ihrer Forschung kann Susanna Komischke daher geeignete Pflanzen zur Förderung heimischer Wildbienen auch auf kleinem Raum empfehlen. Für den Balkonkasten sind ihre Top 10: Gewöhnlicher Sonnenhut, Hängepolsterglockenblume, Prunkwinde, Oregano, Natternkopf, Gundermann, Schmalblättriger Doppelsame (Rucola), Tüpfeljohanniskraut, Wegmalve und Weißklee. „Ergänzt um ein paar Zwiebelpflanzen, die bereits früh blühen, ist das Angebot dann das ganze Jahr gut.“

Das Herz des Naturgartens von Susanna Komischke ist natürlich ihr Nutzgarten hinterm Haus: Hier gibt es einen gut fuchsgesicherten Hühnerstall, eine beetgroße Kompostanlage, die sie auch zum Anziehen nutzt, ein kleines Gewächshaus, das sie bei -10 Grad Frost mit drei Grabkerzen beheizen kann, zahlreiche Kräuter, ausgesuchte Obstbäume und -sträucher - und natürlich die Gemüsebeete. Die sind jetzt im Frühjahr noch gut zu erkennen. „Im Laufe des Sommers verschwindet diese Ordnung meist. Ich sage jedes Jahr: Hier wächst nur Gemüse! Und dann wächst hier ein Fingerhut, dort eine Nachtkerze, hier ein Mohn, dort ein Natternkopf. Und alles sieht so wunderschön aus. Was soll ich machen? Das kann ich doch nicht rausnehmen!“  So werden die Beete im Sommer immer bunter und die Gartenarbeit anspruchsvoller: „Das ist kein Garten, wo man mal eben mit der Hacke durchgehen kann. Man muss vorsichtig drumherum arbeiten und alles sehr gemütlich machen, das ist Meditation.“

Trotzdem wächst natürlich auch schmackhaftes Gemüse heran, gern auch in vielfältigen Sorten. Blattkohle mag Susanna Komischke sehr, deshalb hat sie fünf verschiedene in ihrem Garten: Madeira Blattkohl, Helgoländer Wildkohl, Ewiger Kohl, Echter Meerkohl und Palmkohl. „Der Helgoländer Wildkohl war früher mehr verbreitet, der samt sich nämlich fröhlich selbst aus. Junge Blätter kommen bei mir in den Salat. Wenn sie etwas älter sind, mache ich Gemüse daraus zum Beispiel für einen Auflauf. Den Palmkohl habe ich seit letztem Jahr, von dem bin ich sehr begeistert, das ist ein ganz zarter milder Kohl.“  Und wächst zwischen dem Kohl der „bei Bienen sehr beliebte“ Löwenzahn, dann wird er zu einem süßen Sirup verarbeitet. Die Knoblauchsrauke dient als Grundlage für ein kräftiges Pesto. Duftende Rosenblüten werden als Tee genossen. Die Früchte der in Ostasien beliebten Korea-Berberitze verfeinern zu Weihnachten die süßen Kokosmakronen … undundund. Susanna Komischke weiß von jeder Pflanze, welche Teile auch für den Menschen ein Genuss sind.

Bei so einem leckeren Angebot – gibt es da kein Problem mit Schädlingen? „Nein, das regelt sich von alleine. Wenn die ersten Blattläuse kommen, sind auch sofort die Räuber da - Marienkäfer, Florfliegen, winzig kleine Schlupfwespen. Nach zwei Wochen ist es meist vorbei.“ Doch es gibt schon lästige Gartenbewohner, die Susanna Komischke von Hand entfernt: „So viele Igel gibt es hier nicht, dass die alle Schnecken fressen können.“ Die größte Bedrohung für die Gartenernte seien aber die Veränderungen, die die menschgemachte Klimaerhitzung mit sich bringt: „Im letzten Jahr hatte ich zum ersten Mal keine Kirsche, keine Pflaume, wenig Erdbeeren und die Johannnisbeeren sind nur so runtergerieselt. Das Problem war, das es zu früh zu warm war. Da sind die Pflanzen dann im für die Jahreszeit normalen Frost erfroren.“ Und auch die Trockenheit sei spürbar: „Dass ich wie dieses Jahr schon im März gießen musste, ist auch noch nicht vorgekommen.“

Neue Herausforderungen für den Garten gibt es also weiterhin. Aber Susanna Komischkes Garten scheint in seiner Vielfalt und dank der Experimentierfreude seiner Gärtnerin dafür gut gerüstet zu sein. Also eine echte Empfehlung zur Nachahmung. Was rät die Expertin denn Menschen, die ganz neu mit dem Naturgärtnern beginnen möchten? „Vielleicht erst einmal ein Gefühl für den Garten bekommen und ein paar schöne Bücher lesen, wo Menschen über ihre Gärten erzählen. Vielleicht auch erstmal nur spazieren gehen und Führungen mitmachen, damit man die Wildpflanzen kennenlernt und guckt, wie die aussehen. Vielleicht dann Samen einsammeln und streuen und abwarten, was kommt. Und nicht sofort Unkraut jäten! Nein, ganz vorsichtig!“

Susanna Komischke bietet am Langen Tag der StadtNatur 2025 zwei Workshops zur Kräuterküche an. Das Programm ist ab dem 12. Mai online. Susanna Komischkes umfangreiche Website mit ihrem Pflanzenwissen, der Wildbienenstudie und mehr als 50 Rezepten ist 24/7 verfügbar. Informationen zur Initiative „Natur im Garten“ und persönliche Beratung gibt es beim Landschaftsverband Spandau oder bei der Beratungsstelle für Biologische Vielfalt der Stiftung Naturschutz Berlin.

Autorin: Julia Schaaff