Rasenmäher auf vier Beinen
Skuddenschafe beim Friseur
Wenn die Sonne brennt, muss die Wolle runter – und das live und in Farbe! Beim Langen Tag der StadtNatur kann man hautnah miterleben, wie die robusten Skuddenschafe ihre Sommerfrisur bekommen. Warum diese besonderen Tiere besser mähen als jede Maschine, was ihre Schur mit Artenvielfalt zu tun hat und wie sie das Tempelhofer Feld in ein Naturparadies verwandeln, verrät unser Blogbeitrag.


Auch tierische Rasenmäher müssen mal gemäht werden: Am Langen Tag der StadtNatur werden die Skuddenschafe auf dem Tempelhofer Feld von ihrer dicken Wolle befreit. Das ist für große und kleine Zuschauer*innen ein richtiges Spektakel, sieht vielleicht etwas grob aus, ist jedoch für die Tiere notwendige Gewohnheit und geschieht für sie völlig schmerzfrei. Schäfer Frank Wasem und Caroline Havemann von Stadt Weide Land verschaffen den Tieren durch die Schur einen luftigen Sommerschnitt und erklären dabei neben spannenden Fakten über Rasse, Fell und Wolle, weshalb die Vierbeiner so wertvoll für die Landschaftspflege sind. Warum eignen sie sich besser als jede Mähmaschine? Weshalb muss die Herde überhaupt behütet werden? Und warum lohnt es sich besonders in der Stadt, Schafe zu halten?


Die weißen, braunen und schwarzen Skudden sind klein, robust und bekannt für ihr feines, mischwolliges Vlies. Ihr Fell wird nach der Schur zu hochwertigen Produkten wie Strickwolle, Filz oder Tuch verarbeitet. Einmal im Jahr müssen sie geschoren werden – das ist wichtig für ihre Gesundheit, da sie so vor Überhitzung geschützt werden. Und das ist an einem Arbeitsplatz wie dem Tempelhofer Feld sehr wichtig, denn die Sonne brennt erbarmungslos auf die riesige Fläche. Mit dem Ende des Flugbetriebs hat sich hier eine ganz besondere Flora und Fauna entwickelt: Wo früher Flugzeuge starteten und landeten, leben heute zahlreiche schützenwerte und teils seltene Tier- und Pflanzenarten.

Weil die Skuddenschafe seit 2019 als tierische Landschaftspfleger im Einsatz sind, kann das Tempelhofer Feld schonend gepflegt werden. Damals startete Grün Berlin hier in Abstimmung mit der Senatsverwaltung für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt das Pilotprojekt mit 25 Tieren. Mittlerweile besteht die Herde aus rund 100 Tieren. Die vom Aussterben bedrohte Rasse, die aus Ostpreußen und dem Baltikum stammt, eignet sich durch ihre Widerstandsfähigkeit und ihre Genügsamkeit besonders gut für einen Ort wie diesen, denn die Tiere geben sich auch mit magerem Rasen zufrieden. Durch ihr beständiges Grasen und die sanfte Bearbeitung des Bodens mit ihren Klauen ändern sich die Flächen nicht plötzlich und radikal wie bei einer maschinellen Mahd, sondern langsam und kontinuierlich. Mit ihrem leichten Tritt verhindern sie eine tiefere Bodenverdichtung - schwere landwirtschaftliche Maschinen würden genau dazu führen.

Durch diese sogenannte extensive Beweidung, bei der bedrohte Nutztierrassen wie die Skuddenschafe auf ausgewählten Flächen zum Einsatz kommen, wird auch ein gleichmäßiger Kahlschnitt vermieden: Die Tiere grasen dort, wo sie wollen. Durch ihre Vorlieben entstehen sehr vielfältige Flächen, zum Beispiel offene Bodenflächen, die Vögel, Insekten und Reptilien als Sonnenbadestellen nutze. Wo sie nicht grasen, können sich andere Tiere zurückziehen. So leisten die Schafe einen wertvollen Beitrag zur biologischen Vielfalt.
Die Veranstaltung "Schafschur live! Es ist Sommer – runter mit der Wolle" auf dem Tempelhofer Feld finden Sie ab dem 12. Mai in unserem Programm. Tickets für diese und alle anderen Veranstaltungen sind ab 19. Mai auf unserer Webseite und über unsere Hotline erhältlich.
Autorin: Christina Koormann